programm 2009

29.10., Do, 19:00 | Weinberger Theater | Josef-Balvín-Preis
G. Büchner: WOYZECK
Weinberger Theater | Regie Daniel Špinar
Woyzeck ist das Drama der Ungeborgenheit des Menschen in einer entgötterten und entmenschlichten Welt. Es geht hier um mehr als um die Tat eines eifersüchtigen Soldaten, der seine untreue Geliebte ersticht und der von einem Gericht "in vollem Umfang für schuldfähig" befunden und zum Tode verurteilt wird: zentrale Fragen menschlicher Existenz tauchen auf und rütteln an der Weltanschauung des Zuschauers. Eine große expressive Geste, das Einbildungsvermögen und eine entsprechende Portion der Ironie machten das soziale Stück Büchners zum frostigen Bildnis unserer heutigen Welt und der Seele eines geringfügigen Menschen im deren Räderwerk.
/tschechisch mit deutscher Übertitelung/
1.11. So, 19:00 | Weinberger Theater | ERÖFFNUNG
F. Kafka: DER PROZESS
Münchner Kammerspiele | Regie: Andreas Kriegenburg
Josef K., ein Bankbeamter, unverheiratet und Untermieter in einer Pension, erlebt an seinem 30. Geburtstag eine Überraschung, die sein Leben verändern wird: Mitarbeiter einer mysteriösen Behörde verhaften K. am Morgen. K. lebte doch in einem Rechtsstaat, überall herrschte Frieden, alle Gesetze bestanden aufrecht, wer wagte, ihn in seiner Wohnung zu überfallen? Der Prozess, der erste Roman Franz Kafkas, zwischen 1914 und 1915 entstanden und 1925 zum ersten Mal erschienen, ist Fragment geblieben und gehört zu jenen Werken der Verzweiflung, die das ausweglose Dasein des Einzelnen im Labyrinth einer anonymen Welt veranschaulichen, einer Welt, die sich jeder Sinnsetzung entzieht.
Kriegenburgs phänomenale Inszenierung in Kafkas Prag! | Eingeladen zum Berliner Theatertreffen 2009!
/mit tschechischer Übertitelung/
2., 3.11., Mo, Di, 19:00 | Laterna Magika
VÙNG BIÊN GIÓ'I
Rimini Protokoll
Eine Inszenierung zwischen Dresden und Prag. Für das Projekt Vùng biên gió'i begeben sich die ausgezeichneten Theatermacher von Rimini Protokoll nach Dresden und Prag, speziell in das Gebiet zwischen beiden Städten und entlang der deutsch-tschechischen Grenze. Ein möglichst präziser Blick auf die Orte, die sich auf dieser Route befinden und zum großen Teil von der vietnamesischen Kommunität bewohnt wird, ist Grundlage des Theaterabends, der die Spannungen, Unterschiede und Beziehungen in diesem Raum zum Thema hat.
Eine Produktion von Zipp - deutsch-tschechische Kulturprojekte,  Staatsschauspiel Dresden, Prager Theaterfestival deutscher Sprache und Nationaltheater Prag. Zipp ist eine Initiative der Kulturstiftung des Bundes.
/wird durch Kopfhörer simultan gedolmetscht/
3.11., 21.00 Rimini Protokoll – Vùng biên gió'i: Diskussion der „Künstler“ und „Experten“ mit dem Publikum – nach der Vorstellung (Laterna Magika, Národní 4, Praha 1)
3.11., Di, 17:00 | Foyer des Nationaltheaters
GROTESKE GESCHICHTEN Autorenlesung
FRANZ HOHLER
Franz Hohler ist ein bekannter Schweizer Schriftsteller, Kabarettist und Liedermacher. Sein Werk umfasst unter anderem Kabarettprogramme, Theaterstücke, Film- und Fernseh-Produktionen, Kinderbücher und vor allem Kurzgeschichten und Romane. Charakteristisch für Hohlers Werk ist der Wechsel zwischen politischem Engagement und einer reinen, humorvollen Fabulierlust. Oft geht er auch von feinen Alltagsbeobachtungen aus, die unversehens ins Absurde kippen. Hohler, ebenfalls ein begabter Musiker, begleitet sich bei seinen Auftritten oft selbst auf dem Cello.
/ohne Übersetzung/
4.11., Mi, 19:00 | Theater Komödie
E. O´Neill: EIN MOND FÜR DIE BELADENEN
Théâtre National du Luxembourg | Regie Frank Hoffmann
Menschen am Rande der Gesellschaft, Außenseiter, Gescheiterte, Verkörperungen der  dunkleren Seite der amerikanischen Seele bevölkern die Stücke des Nobelpreisträgers 1936 und Vater des modernen amerikanischen Dramas Eugen O´Neill. Ein Mond für die Beladenen ist eines seiner zärtlichsten, zugleich humorvollsten Stücke. Für die luxemburgische Inszenierung konnten mehrmals ausgezeichnete Schauspieler verpflichtet Arden: der hervorragende August Diehl, sein von der deutschen Bühnen und Filmen bekannte Sohn Hans und die junge, bereits hoch angesehene Julia Malik, die ein großes Schauspielertheater bringen.
/wird durch Kopfhörer simultan gedolmetscht/
5.11. , Do, 17:00 | Theater Komödie
V. Sorokin: DER TAG DES OPRITSCHNIKS
Schauspielhaus Wien | Regie Kai Ohrem
Russland im Jahr 2027. Unter der Alleinherrschaft des „Gossudaren“ hat sich das Land vom Westen gänzlich abgeschottet und ist in gesellschaftliche Paralyse verfallen. Mit Hilfe seiner schergenhaften Elite-Exekutive, der „Opritschnina“, der „Besonderen“, sichert der „Gossudar“ seine Macht und wirft die Gesellschaft zurück ins mittelalterliche Russland Iwans des Schrecklichen. Technisch ist man dank China als einzigem Handelspartner auf dem neuesten Stand, gegen Oppositionelle, Intellektuelle, Staatsbürger verfährt man aber mit archaischer Brutalität.
/mit tschechischer Übertitelung/
5.11., Do, 20:00 | Theater Komödie
E. Palmetshofer: WOHNEN. UNTER GLAS
Schauspielhaus Wien | Regie Sebastian Schug
Ein Treffen dreier Menschen. Man teilte einst vieles. Man teilte eine Adoleszenz. Und ein bisschen bemüht ideologische Idee. Nun trifft man sich wieder. Einige Jahre später. Und über diesem Treffen steht der Verlust der Nähe von damals. Weniges hat man sich noch zu sagen, aber in den Köpfen wird es ganz laut. Im Laufe einer Nacht bestimmt man so richtig seinen Standort. Man zieht Bilanz. Man lotet alte Nähe aus. Und es gibt was zu feiern. Weil es wird da wer heiraten.
Im Stück des „Nachwuchsdramatikers des Jahres 2008“ wartet man auf das Kommen des Anderen, des Ereignisses, das wie ein Messias kommen muss oder wie eine Flutwelle. Und bis dorthin wohnt man einfach. Unter Glas.
„Gegen Ewald Palmetshofer sieht Ibsen alt aus!“
/mit tschechischer Übertitelung/
6.11., 11.30 Ewald Palmetshofer – „wohnen. unter glas“:  Diskussion mit dem Autor und der Dramaturgin im Österreichischen Kulturforum (Jungmannovo nám. 28, Praha 1)
6.,7.11., Fr, Sa, 19:00 | Theater Arche
DRITTE GENERATION (work in progress)
Ensemble Habimah National Theatre of Israel (Tel Aviv) & Schaubühne am Lehniner Platz (Berlin) | Regie: Yael Ronen
Yael Ronen, eine der wichtigsten und provokantesten Regisseurinnen Israels, ist Sprachrohr der jungen, kriegsmüden, lebenshungrigen Generation. Ihre Stücke schreibt sie im Teamwork mit israelischen und arabischen Schauspielern, die mit der Videokamera aberwitzige Szenen dies- und jenseits der Mauer einfangen und dem alltäglichen Wahn wütende Komik abtrotzen. Sie nötigt Publikum und Ensemble, Sichtweisen der Gegner einzunehmen, entlarvt Propaganda, benennt Konflikte und erforscht Gemeinsamkeiten. In “Dritte Generation” analysiert sie den Gordischen Knoten, der das deutsche, palästinensische und israelische Volk bestimmt. Ausgangspunkt sind die Lebenswege dreier Familien, stellvertretend für die Geschichte der drei Völker, zwischen Berlin und Jaffa 1939 - 1949. 60 Jahre später begegnen sie sich erneut, diesmal in der dritten Generation. Wie geht sie mit Erinnerung um, mit Schuldfragen, Ablehnung und Täter-Opfer-Rollen?
/mit tschechischer Übertitelung/
7.11., 21.00  „Dritte Generation“:  Diskussion des Inszenierungsteams und der Schauspieler mit dem Publikum – nach der Vorstellung (Theater Archa, Na Poříčí 26, Prag 1)
8.11., So, 19:00 | Ständetheater
EIN CHOR IRRT SICH GEWALTIG
Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz | Text und Regie René Pollesch
Den Titel von seinem neuen Spiel hat sich Pollesch von dem französischen 70er-Jahre Film "Ein Elefant irrt sich gewaltig" von Yves Robert entliehen, in der ein biederer Ehemann mühevoll versucht, seine Frau zu betrügen. Aus den hilflosen Seitensprung-Manövern einer muffigen Kleinbürgerwelt schlägt Pollesch Kapital für boulevardeske Lachnummern im besten Sinne des Wortes. Dabei kommt aber natürlich auch sein philosophisches Diskurstheater zum Tragen. In seinem jüngsten Text flaniert René Pollesch erneut entlang der Theorien zeitgeistiger Philosophen und schließt Kulturdiagnosen von Philosophen und Medien miteinander kurz. Die unumschränkte Diva des Abends ist jedoch Sie: Sophie Rois. Sie zeigt sämtliche Register der hohen Schauspielkunst: Sie ist Revolutionärin und Vamp, sie ist die Betrogene und zugleich die Betrügerin. Pollesch und Rois zeigen auf der Bühne die herrlichsten Komödienfunken!
/mit tschechischer Übertitelung/
8.11., 17.30 René Pollesch - „Ein Chor irrt sich gewaltig“: Einführung und Diskussion (René Pollesch, Dušan Pařízek, Petr Štědroň) Mozart-Salon des Ständetheaters (Ovocný trh 1, Prag 1)

BEGLEITPROGRAMM


Divadlo Letí, Švandovo divadlo, DILIA, Goethe-Institut

PROJEKT AFTER THE FALL
25. 10., So, 20:00 | Studio des Švanda-Theaters
Barbora Vaculová: MAUERSCHAU (Kabarett Ohne Fahrplan)
Regie: Susanne Chrudina und Martina Schlegelová
In einem kleinen Dorf im Sudetenland namens Nebeská Rybná (Himmlisches Ribnei) brennen tausende Kerzen. Es ist nämlich Aller-Heiligen-Nacht, in der die Toten wiederauferstehen und die Vergangenheit lebendig wird. Die drei weiblichen Mitglieder der freiwilligen Feuerwehr haben die Brandstelle gehütet. In den seltsamen Bus, der unerwartet bei der Friedhofmauer angehalten hat, hätten sie wahrscheinlich nicht einsteigen sollen. Jetzt ist es schon zu spät. Ohne Passport, wirr durcheinander, ohne Fahrplan. Nur Mut, dámy a pánové. Seien Sie am Bord unserer internationalen Linie willkommen, von Nation zu Nation, von Jahreszahl zu Jahreszahl... Schnallen sie sich an oder sie werden von jemand anderem angeschnallt! Ist hier etwa jemand, der keinen Mut hätte, seiner eigenen Vergangenheit in die Augen zu schauen?
/Eine zweisprachige, tschechisch-deutsche Inszenierung/
SZENISCHE SKIZZEN IM RAHMEN DES PROJEKTS 8-at-8
26. 10., Mo, 20:00 | Studio des Švanda-Theaters
David Gieselmann: DIE PLANTAGE
Regie: Martina Schlegelová
Tschechows „Der Kirschgarten“ ein bisschen anders? Statt hochgewachsener Bäume eine Haschisch-Plantage! Die Heldin des Stücks vom deutschen Dramatiker David Gieselmann, der in Tschechien vor allem mit seinem Stück „Herr Kolpert“ bekannt wurde, ist die DJin Lucie, die sich anfang der 90er Jahre mit dem einzigen Megahit berühmt gemacht hatte. Für riesige Honorare hat sie dann einen leerstehenden Hof in Brandenburg gekauft, in den sie ihre Freunde einziehen ließ. Die haben eine entspannte Kommune gebildet und bauen Haschisch an. Lucie hat ihre meiste Zeit auf ausländischen Tourneen verbracht. In die scheinbare Idylle schleichen sich allerdings Misstöne, Joachim hat z. B. die vorgesteckten Ideale verraten und richtig viel Geld als Computerexperte verdient. Doch erst als Lucie von ihrer letzten Tour zurückkehrt, wird klar, dass das selbstgeschaffene Biotop in ernsthafter Gefahr schwebt: Lucie ist bankrott und gezwungen, die Plantage zu verkaufen. Eine leichtfüßige Komödie, ähnlich wie einst Tschechows Kirschgarten, zeigt vor allem eine Gesellschaft, die langsam von der Zeit weggeweht wurde...
/Szenische Lesung in tschechischer Sprache/
27. 10., Di, 20:00 | Studio des Švanda-Theaters
Marius von Mayenburg: DER STEIN
Regie: Katharina Schmitt
Man schreibt das Jahr 1993, Berlin ist schon wieder zu einer Stadt geworden und Heidrun kehrt in ihr Dresdner Geburtshaus zurück – mit ihrer alten Mutter Witha und pubertären Tochter Hannah. Es soll ein Neuanfang werden. Aber mit dem Einzug kommen auch die Erinnerungen an entscheidende Wendepunkte im Leben von Witha und Heidrun zurück. Die Geschichte hat schon 1935 angefangen, als die jüdische Familie, in deren Besitz das Haus war, hastig emigrieren musste und das Haus unter seltsamen Umständen an Heidruns Vater verkauft hatte. Zehn Jahre später, im Jahre 1945, stirbt hier unter nicht weniger seltsamen Umständen der Vater. Die Geschichte wiederholt sich und Heidrun muss mit ihrer Mutter emigrieren, ihr Haus wird zum Heim einer neuen Familie. Wer ist hier zuhause und wer der Eindringling? In seinem neuen Stück wechselt Marius von Mayenburg mutig die Zeitebenen und verfolgt die Schicksale von fünf Frauen, die ein altes Haus verbunden und die Berliner Mauer wieder getrennt hat.
/Szenische Lesung in tschechischer Sprache/